Montag, 26. April 2010

Rechts und Links

1. Wiederholt wird bei der Charakterisierung politischer Konzepte so verfahren, dass Rechts und Links gleichsam in denselben Topf geworfen werden. Es ist dann etwa von »Nährböden« die Rede, die rechten wie linken Extrema gleicherweise zuträglich seien. Oft wird überhaupt vom politischen Extremismus gesprochen, wobei auf eine nähere Differenzierung verzichtet wird.

2. Allein ist es nicht möglich, diese Ideologien einer gemeinsamen Anschauung zuzuführen. Es sind nicht Extrema, die sich an ihren Enden, gleich einem Ring, wieder annähern, es sind vielmehr vollends entgegengesetzte Konzepte, die allenfalls in der Wahl ihrer Mittel zuweilen und vorübergehend verglichen werden können.

3. Nun ist es selbstredend so, dass die Hinordnung zu einer Ideologie (nicht notwendig zu einer »extremen«) bis zu einem gewissen Grad nicht rationeller, wissenschaftlicher Natur ist. Sie hat zu tun mit der persönlichen Lebensgeschichte des Einzelnen, mit seinem Charakter, mit Präferenzen und Aversionen. Es sind viele kleine Einflüsse, die eine politische Auffassung ausbilden. Erst dann wird argumentiert. Es ist folglich nicht unmittelbar so, dass es Konzepte gibt, die vollends richtig sind und andere, die ohne Schwierigkeit vollkommen widerlegt werden könnten — es verbleibt immer eine emotionale Komponente, ein Verdacht, ein Dafürhalten, das entscheidet.

4. Gleichwohl kann auch auf rationaler Ebene agiert werden. Und hierin offenbart sich uns schon die ganz große Diskrepanz, die zwischen den rechten und den linken Ideen klafft. In der faschistischen Ideologie sind Hass, Unter- und Überordnung, Dominanz sowie Unterdrückung, Herrschen wie Unterwerfen einzementierte Werte. Sie sind Inhalt der sogenannten faschistischen Ideale. Allein kann ein Konzept nicht funktionieren, wenn es auf Unterdrückung, Hass und Dominanz selbst aufbaut.

5. Eben diese Grundlagen zu zerstören, sind die kommunistischen und sozialistischen Ideen da. Der ideale kommunistische Staat (den es gleichwohl so nie gegeben hat), kennt keine Unterdrückung, keine Über- und Unterordnung mehr. Es gibt keine Ausbeuter und keine Ausgebeuteten. Der große Geist ist die einmütige Organisation, nicht der dualistische Kampf. Unterdrückung, Diskriminierung, Feindschaft werden ewig durch Feindschaft repliziert werden. Wo dieselbe der alles durchdringende Geist ist, wird sie auch nur sich selbst wiederfinden. Schon daran, ein funktionierendes Konzept anzubieten, scheitert der Faschismus.

6. Hinzu kommt (unter vielen Beispielen) noch, dass der Kommunismus per definitionem ein Internationalismus ist, der besser funktioniert, je internationaler er ist. Einzelne sozialistische Systeme werden von der politischen Weltmacht aufgerieben, ausgehungert und in vielen Fällen zu repressiven Staaten. Je mehr Staaten sich die Ideen aneignen, desto besser kann gewirtschaftet werden. Es gibt nicht mehr Millionen von kleinen Zellen, die für sich kämpfen, sondern immer mehr eine Zelle, die nicht mehr zu kämpfen braucht. Rechte Gedanken ziehen sich schon dadurch selbst ins Absurde, dass sie in einer starken nationalistischen Prägung auftreten. Es geht dann um die »Erhaltung von Heimat, Kultur und Tradition«, die von fremden Einflüssen gefährdet sei. Und doch scheinen sich rechte Kreise auch über nationale Grenzen zu bilden. Schon Hitler musste wohl oder übel mit den »Südländern« Italiens kollaborieren, so sehr er auch die Überlegenheit der »deutschen Rasse« propagierte… Eine internationale Organisierung rechter Gruppen wird schon per se widersprüchlich und zu einer grotesken Farce.

7. Es sind die Gedanken der politischen Rechten kurzum auf einer naiven Engstirnigkeit aufgebaut, die ihre Augen vor den Schönheiten der Welt verschließt und über die brodelnde Giftbrühe, die von jenen wie solchen Systemen zubereitet wurde, den Deckel der Gewalt breiten will. Die Welt nicht heilen, nur beherrschen will.

Samstag, 3. April 2010

SILVESTRA

Die Stimmung ist eigentlich wie vor dem Spiel. Mit dem kleinen Unterschied, dass wir aus dieser äußerst großen Minimalchance, minimaler geht’s gar nicht mehr, eine etwas kleinere gemacht haben, die größer geworden ist.
— Peter Neururer
Silvestra, die Wunderschöne und Unvergleichliche, wusste von keinem Abfalleimer auf ihrer Lieblingsbirke, als allein den, den sie »Anton Petrus Friedrich Abel XXVI.« zu nennen pflegte. Mit Anton Petrus Friedrich Abel XXVI., allein, unterhielt Silvestra, die Wunderschöne und Unvergleichliche, eine bessere Freundschaft als zu allen anderen Abfalleimern auf allen anderen Birken (was wenig verwunderte, hatte die Katze Minka Mariza ihre Lieblingseidechse Sonja doch hin und wieder vor der verheerenden Wirkung von Wattebällchen gewarnt). Jedenfalls bezeichnete Silvestra, die Wunderschöne und Unvergleichliche, das faszinierende Phänomen vom Wind verwehter Federhalter zuweilen als »Mrikurelkilikutze«. Die auf dem ersten Blick eindeutig scheinende Etymologie des Ausdruckes verliert an Klarheit, wenn man sich erinnerlich macht, dass Silvestra, die Wunderschöne und Unvergleichliche, mit dem südfriesischen Kulturgut nur mäßig vertraut ist, zumal sie mindestens zwei Schuhe bindet, wenn sie ohne Stiletti ihr Haus verlässt. Aber kommen wir wieder zurück zu Alfreds Dudelsack: Laut dem vertrauenswürdigen Urteil einiger zufällig vorbeigekommener Neuseeländischer Touristen deuten die Krallen- und Bissspuren auf der Wasseroberfläche eindeutig auf die Beteiligung einer Waldschnecke hin. Silvestra, die Wunderschöne und Unvergleichliche, hatte aber bereits seit einigen Minuten eine unerklärliche Angst vor Betonmischern und Schmetterlingen entwickelt, weshalb sie lieber nicht schwimmen gehen wollte. Maximilian, der Feldhase beobachtete alles aus einer unsicheren Entfernung.

(Aus dem Buch »Darlegungen des Feigenkaktusses«, Kapitel 1971: Was Meinhard Meineid zu erzählen nie für notwendig hielt).




Auch der Schnee hat Geschmack...