Montag, 14. Dezember 2009

Minarette?

So viel ich weiß und erfahren habe, ist ein Minarett nicht ein Symbol des Kampfes gegen die »christliche« Kultur im Abendland, sondern einzig ein Symbol des Angekommenseins, des Daheimseins. Ich denke, dass die Liebe im Menschen das unseren Schwestern und Brüdern zugestehen muss. Nur verschwindend wenige Moslems wollen unsere Kultur »auslöschen« und mit ihrer ersetzen. Wenn wir aber den Islam als gleichwertig tolerieren, wird er, wie ich glaube, nicht im Kampfe kommen, sondern seine Heimat auch in Mitteleuropa dankbar annehmen.

Mit der »christlichen Kultur« zu argumentieren, wie etwa in Österreich, finde ich haltlos und unehrlich. Die echten Kulturträger in Österreich sind auch Träger der Toleranz. Wo allerdings mit der Angst der Bevölkerung gespielt wird, wenn vom Verlust der Kultur gesprochen wird, ist im Grunde von der Zeltfest-Kultur die Rede, die namentlich mit der christlichen Tradition verbunden ist. Deren Propagandisten sind denn auch Dampfplauderer und Stammtischrhetoriker. Tiefe Kultur wird durch die Vielfalt nur bereichert, nicht beschnitten.

Zudem ist die wirtschaftliche Globalisierung ein bedeutend größeres Problem als die ethnische. Vermischung der Völker gehört nun einmal in das dritte Jahrtausend. Wir können nicht einerseits die Globalisierung ausnützen, um unsere Beutezüge bequem auf die ganze Welt zu verteilen, andererseits aber die Opfer verstoßen. Die Anführung dieses Zusammenhanges ist zwar nicht immer legitim, veranschaulicht aber doch die Doppelmoral der »christlichen Abendlandkultur«.

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Unwiderlegbar??

Eigentlich benütze ich meinen Blog selten dafür, über Erlebtes zu berichten. Jetzt aber lege ich doch einmal eine kleine Erfahrung dar. Wie kommt es, dass sehr viele Menschen (die gewiss nicht besonders bekannt oder populär sind) hinter ihre kleinen Textchen oder auf ihren Homepagechen ihre Mailadressen schreiben? Man könnte doch annehmen, dies geschehe, weil sie Nachrichten (Anfragen, Lob, Kritik usf.) erwarten. Dann aber müssten sie auch antworten, denke ich. Wenn dem aber nicht so ist, kann es einige Gründe geben: War ich vielleicht zu wenig freundlich? Ach was, Blödsinn, ich bin immer freundlich! War meine Nachricht dergestalt infantil, dass sie ignoriert werden kann? Vielleicht. Aber wenn sie schon so primitiv ist, dann könnte doch zumindest eine primitive Antwort erfolgen. Umso besser, wenn da jemand gar nicht nachdenken muss, bevor er/sie antwortet. Oder, und mit dieser Argumentation kann ich es - bis mir entgegnet wird - bewenden lassen, meine Argumente sind unwiderlegbar, jedes Lob so stark, dass es gar keiner Bestätigung mehr bedarf und jede Kritik dergestalt niederschmetternd, dass ihr nicht entgegnet werden kann. Ist es nicht so, meine Freunde...?

Freitag, 20. November 2009

El mito de las cartas

Para poder entender las cartas es necesario lejarse de la vida »práctica« y derrotar la fea luz que no permite ver el esplendor tierno del caos y de lo que no tiene legitimación práctica. El aspecto romántico de las cartas es muy más grande que todo lo demás. Hay unos pensamientos públicos que nos dicen que sería una carta, pero solo ven el sobre y las hojas, quizá las informaciones pero nada más. Por un lado nos dicen que el hombre tenga alma, pero por el otro que las cartas no. Es un crimen contra la emoción, contra la sensación, en el último aspecto es un crimen contra sí mismo... Por eso dejamos de derrotar correos privatizándolo (tal como privatziación se pudiera utilizar sinónimamente a derrota en general, pero no es éste el espácio adeguado para hablar de eso). Cada carta es un regalo santo, un misterio sin igual. ¡Busquen magía y la encontrarán!

Montag, 16. November 2009

Kruzifix-Verbot an öffentlichen Schulen

Es ist zunächst einmal wirklich köstlich, dass sich in Österreich gerade die ÖVP dafür verantwortlich fühlt, nunmehr diese »unmenschliche« Entscheidung der Europäischen Union zu beklagen und in populistischer Meinungskultur die katholische Grundhaltung des typischen Österreichers, zumal des potentiellen ÖVP-Wählers, dazu ausnützt, für die eigene Sache Stimmung zu machen. In der Tat ist es unterhaltsam, wenn die größten EU-Propagandisten sich nun einer Entscheidung gegenüber sehen, die auch durch gewagteste populistische Kniffe nicht zu übermalen sein wird, zumal sie dem traditionellen Programm der Partei und den Grundgedanken vieler potentieller ÖVP-Wähler gegenübergestellt ist.

Absurd und selbst pervers ist indessen, dass die diversen christlichen/katholischen Kreise sich scheinbar immer der ÖVP zugeordnet fühlten und augenscheinlich mit der unchristlichen Wirtschaftspolitik der Europäischen Union und der ihr untertänigen konservativen, christlichen Parteien keinerlei Probleme hatten.

Zu der Entscheidung selbst Folgendes: Die Trennung von Religion und Kirche ist schon von ihrer Natur her nirgends dergestalt notwendig, als in der Schule! Bildung lebt von kritischem Hinterfragen und darf nicht von dogmatisch übermittelten Annahmen übervorteilt werden. Zudem stellt ein Kruzifix gleichsam die Annahme dar, der christliche Glaube sei definitiv der einzig wahre Glaube, weil er als definitive Grundlage an den Wänden hängt. Ein solches Vorgehen ist eine offene (und dumme) Beleidigung allen Andersgläubigen gegenüber.

Samstag, 31. Oktober 2009

A Norkys



Dando las gracias a Norkys Batista (cara) y Hadžem Hajdarević (poema).

Freitag, 30. Oktober 2009

Überlegungen zum Österreichischen Fußball-Nationalteam

Wer mich kennt oder liest, wird wissen, dass ich nicht eben ein besonderer Patriot bin. Dem gemäß weiß ich auch nicht, warum ich gerade Anhänger des Österreichischen Fußball-Nationalteams sein sollte, allein weil ich ein Österreicher bin. So viele Österreicher mit so vielen Träumen und Mentalitäten können sich wohl nach einer Verbindung sehnen, kaum aber dieselbe Leidenschaft für eine Mentalität, einen Traum entwickeln.

Trotz dieser Erwägungen gibt es Fragen zum Österreichischen Fußball-Nationalteam, die mich beschäftigen:

Der sogenannte »Weg der Jugend« findet allerseits Anerkennung und scheint auch in der Tat eine verheißungsvolle und ehrwürdige Strategie zu sein. Wenn allerdings das Durchschnittsalter des Teams in einem Zeitraum von knapp zehn Jahren durchwegs unter 25 liegt, so kann man durchaus die Frage einwerfen, ob junge Spieler an die internationale Klasse herangeführt, oder allein aufgebaut, um zugunsten einer jüngeren Generation wiederum ersetzt zu werden. Prognostizierte man zahlreichen damals 18-, 19-, 20-Jährigen Talenten große Karrieren und begrüßte man deren Heranführung an den Kader, so findet man jene Spieler in ihrer vermeintlichen Blütezeit kaum noch in den Einberufungslisten.

Wie kommt es darüberhinaus, dass Spieler nach zwei, drei ansprechenden Ligaspielen in das Team berufen werden, während andere durchaus talentierte und konstante Spieler konsequent, von Teamchef zu Teamchef ignoriert werden?

Noch zahlreiche Fragen bestünden, aber, wie gesagt: Was liegt mir am österreichischen Team mehr als am Chilenischen?

Sonntag, 25. Oktober 2009

Der Fußball als Beleg des romantischen Materialismus...

Der Fußball kann als bedeutsames Beispiel herangezogen werden, das die Kohärenz des romantischen Materialismus untermauert. Man kann ihn schließlich reduzieren auf sein ureigenstes und einfachstes Prinzip: Der Ball muss so oft als möglich in das eine und so selten als möglich in das andere Tor. Unter Berücksichtigung der Regeln (ebenfalls kein komplexes Unterfangen) wurde damit alles gesagt, was im Fußball unumstößlich ist. Wenn man aber fragt, ob denn damit alles gesagt worden sei, was über ihn zu sagen sei, so muss man entegnen, dass man hunderte Folianten allein damit füllen könnte, eine einzelne Fußballkultur hinreichend zu beschreiben. Wollte man alle Aspekte des Fußballsports miteinbeziehen, so würden die Papiervorräte nicht reichen, um innerhalb einer entsprechenden Periode alles festhalten zu können, was bis dahin bekannt ist. Alle Facetten, die uns bewegen, treten auch im Fußballsport in den Vordergrund.

So lange nun die einen meinen, Fußball sei nur ein profanes Spiel, so lange stehen auf der anderen Seite, die das grenzenlose Wesen des Spiels begreifen. Hier nun gerät der romantische Aspekt des vermeintlich materialistischen Spiels zum Tragen. Kann man auch das Dribbling eines Flügelstürmers ganz nüchtern erläutern und es auf Athletik und Übung zurückführen, so drängen sich in uns doch Bilder von Magie und Übermenschlichkeit auf, die von den mythischen Gesängen der Fans und allfälligen Flutlichtern noch verstärkt werden.

Im Übrigen kann es sich dergestalt auch mit allen anderen Phänomenen verhalten. Briefe können zu geheimnisvollen Verbindungen reifen, selbst Lupengläser können eine solche Faszination auf entsprechende Personen ausüben, die sie glauben macht, das größte Geheimnis menschlicher Schaffenskraft in ihren Händen zu halten.

Wenn wir von allem das Licht des Mythos wegnehmen, so wird nichts mehr seinen Schein auf uns werfen.

El »rojo amanecer« ilumina la ciudad

Montag, 12. Oktober 2009

T'Suilengo Kurzgrammatik

Wer kennt es nicht, das Sprichwort: »Wer etwas sagen möchte, der soll seine Sprache erfinden!« Daran habe ich mich gehalten:

Donnerstag, 8. Oktober 2009

Krautsalat

Auszug aus der Schrift

Silvestra, die Wunderschöne und Unvergleichliche, wusste von keinem Abfalleimer auf ihrer Lieblingsbirke, als allein den, den sie »Anton Petrus Friedrich Abel XXVI.« zu nennen pflegte. Mit Anton Petrus Friedrich Abel XXVI., allein, unterhielt Silvestra, die Wunderschöne und Unvergleichliche, eine bessere Freundschaft als zu allen anderen Abfalleimern auf allen anderen Birken (was wenig verwunderte, hatte die Katze Minka Mariza ihre Lieblingseidechse Sonja doch hin und wieder vor der verheerenden Wirkung von Wattebällchen gewarnt). Jedenfalls bezeichnete Silvestra, die Wunderschöne und Unvergleichliche, das faszinierende Phänomen vom Wind verwehter Federhalter zuweilen als »Mrikurelkilikutze«. Die auf den ersten Blick eindeutig scheinende Etymologie des Ausdruckes verliert an Klarheit, wenn man sich erinnerlich macht, dass Silvestra, die Wunderschöne und Unvergleichliche, mit dem südfriesischen Kulturgut nur mäßig vertraut ist, zumal sie mindestens zwei Schuhe bindet, wenn sie ohne Stiletti ihr Haus verlässt. Aber kommen wir wieder zurück zu Alfreds Dudelsack: Laut dem vertrauenswürdigen Urteil einiger zufällig vorbeigekommener Neuseeländischer Touristen deuten die Krallen- und Bissspuren auf der Wasseroberfläche eindeutig auf die Beteiligung einer Waldschnecke hin. Silvestra, die Wunderschöne und Unvergleichliche, hatte aber bereits seit einigen Minuten eine unerklärliche Angst vor Betonmischern und Schmetterlingen entwickelt, weshalb sie lieber nicht schwimmen gehen wollte. Maximilian, der Feldhase beobachtete alles aus einer unsicheren Entfernung.

(Aus dem Buch »Darlegungen des Feigenkaktusses«, Kapitel 1971: Was Meinhard Meineid zu erzählen nie notwendig hielt).

Mittwoch, 7. Oktober 2009

Montag, 28. September 2009

Desaströse Wahlergebnisse

Ich finde keine andere Möglichkeit, auf das was ich höre und sehe zu reagieren als mit Entsetzen. Die Ergebnisse in Österreich und Deutschland sind nicht allein beschämend, sondern durchwegs beängstigend. Die Idee eines gerechten und schönen Europa geht zugunsten des rechten Lagers verloren, die vermeintlichen Rechtsstaaten Österreich und Deutschland gehen immer mehr zu Rechts-Staaten über. Immer mehr Menschen sagen Ja! zu einer chauvinistischen, ignoranten und menschenverachtenden Politik der Ausgrenzung und der ausschließenden Meinungen. Immer mehr Menschen verschließen die Augen vor den Reizen und Köstlichkeiten, die ein friedliches Zusammenleben der Völker und Kulturen auf der Erde ermöglichte. Immer mehr Menschen verschließen die Augen vor der Gerechtigkeit, die uns aufträgt, unsere Verantwortung (zumal unsere eigene Schuld!!) gegenüber der ganzen Welt wahrzunehmen. Grenzen sind willkürlich gezogene Linien und trennen nur die einen Menschen von den anderen. Dennoch sind wir allein ein Volk, dem es umso besser geht, je mehr wir unsere Verantwortung ernst nehmen und der Gerechtigkeit Rechnung tragen. Chauvinismus, Rassismus und Nationalismus stehen einer besseren Welt für alle im Weg und sind niemals entsprechende Mittel, auch nur irgendeine Facette im Zusammenleben zu verbessern! Pervers auch die von der rechten Seite gezogenen Verknüpfungen mit dem Christentum, mit der christlichen Kultur, die es zu schützen gelte. Zum einen sehe ich diese Verknüpfungen allein in der Tradition vulgärer Zeltfestgesänge und abstoßender Trinkgelage; zum anderen ist dieser Zusammenhang allenfalls unter Berufung auf den Katholizismus legitim, der sich allzu oft mit rechtem Gedankengut vermengte.

Andererseits ließ sich die Sozialdemokratie in Deutschland und Österreich nicht davon abhalten, sich ihr eigenes Grab zu schaufeln. Eine sozialdemokratische Partei, die mit allen Mitteln sucht, ihr marxistisches Erbe und die Verwandschaft mit dem Kommunismus zu leugnen und sich stattdessen rechtsnationalen Parteien annähert und von konservativen Ideen infiltriert wird, hat in meinen Augen jedwede Glaubwürdigkeit verloren, die auch von profillosen Kandidaten nicht zurückgewonnen werden kann. Dieser »Larifari-Kurs«, in den sich die »sozialdemokratischen« Parteien in den letzten Jahren manövriert haben, ist in Wahrheit der Mangel eines ernst zu nehmenden Kurses und somit letztlich das Ende der Sozialdemokraten. Was verbleibt ist allein ein Gespenst, das von wenigen nostalgischen und ratlosen Wählern am Leben erhalten wird, die erkennen, dass die heutige Generation der Sozialdemokraten zwar nichts bewegen, dafür aber immerhin nur wenig falsch machen könne.

Mittwoch, 23. September 2009

Romantischer Materialismus

Der romantische Materialismus sucht die zwei großen menschlichen Leidenschaften, Erkennen und Empfinden zu einer bekömmlichen Synthese zu vereinen.

Auf der einen Seite drängt der materialistische Aspekt nach Wahrheit und erkennt die immer mehr in der Materie selbst. Immer mehr Phänomene können durch die Wirkung der Substanz erklärt werden, wodurch zahlreiche Mysterien ausgelöscht werden. Die konsequente Weiterführung dieser Haltung könnte letztlich zur Reduktion der ganzen Welt auf kalkulierbare, biochemische Prozesse führen.

Wider das Wissen bzw. die Überzeugung, dass der Gang der Welt durch materielle Bedingungen gekennzeichnet und folglich determiniert ist, wird mit der romantischen Komponente ein magischer Trick eingeführt. In der starken Romantik existiert weder Wahrheit noch Lüge, denn die Wahrheit ist dem Menschen nicht zuträglicher, als es die Lüge oder zumindest die verschwommene Wahrnehmung der Wahrheit ist. Wir können also selbst sagen, der romantische Materialismus (oder aufgeklärte Romantik oder Chaos-Materialismus) beruht auf der Annahme eines mechanistischen Weltbildes, das durch die Materie selbst zu einem romantischen Ansatz gedrängt wird. Dadurch wird der romantische Materialismus zu einem durchwegs relativistischen. Er trägt uns nämlich auf, alles in einem romantischen, magischen Lichte zu gewahren.

Die materialistische Gestalt ist der pragmatische Boden des Gedankens. Mein Verstand führt mich mit meinem Überlegen zu der Annahme, dass die Welt mit allen Mitwirkenden einem mechanistischen, deterministischen Prinzip folge. Das Erste bedingt das Zweite und dieses ist die Ursache für das Dritte. Diese Überzeugung muss nun aber nicht mit der Feststellung gleichgesetzt werden, dass somit alles Menschliche verfalle und wir alle einem fatalistischen Handeln folgen sollten. Vielmehr hindert uns das Fatum daran, dergestalt zu leben. Wir wollen die Liebe nicht auf biochemische Prozesse reduzieren. Je mehr wir aber von deren Wahrheit überzeugt sind, desto mehr sind wir gezwungen, die Liebe (oder ähnlich geartete Phänomene) durch unsere Kreativität und Leidenschaft (und unseren Hang zum Selbstbetrug) zu mythologisieren und das Mysterium künstlich herbeizuführen.

Als der materialistische Aspekt als der analytische, »prosaische« gelten kann, so mag man den romantischen Aspekt als den synthetischen, »lyrischen« auffassen, der durch seine ganze Natur zu verzaubern sucht.

Fünf Aphorismen

Der Diskordianismus – Diese Strömung – und ich habe sicherlich die Autorität, sie dergestalt zu bezeichnen – hat gegenüber allen anderen Gemeinschaften und Ideologien den größten Vorteil, dass ihre Stichhaltigkeit und innere Richtigkeit kaum zu widerlegen ist. Im Gegensatz zu anderen Ideen kann sie sogar bewiesen werden. Je widersprüchlicher die Inhalte des Diskordianismus sind, je weiter die Meinungen auseinanderreichen, desto stärker wird die Bewegung. Indes kann es vermeintlich nicht ihr Ziel sein, möglichst viele Anhänger zu finden, die in möglichst vielen Punkten dieselben Meinungen vertreten, als es sich sonst mit Glaubensgemeinschaften oder Gesinnungen verhält. Vielmehr ist genau diese Eintracht das große Gegenteil ihrer Idee. In diesem großen Paradoxon ist diese Sammlung von Irrsinn und Genialität, von Paradoxem und Erfrischendem eingebettet. Und auch die zuweilen aneristische Logik wird in vielen Punkten nicht umhin können, ihr zu Folgen.


Ist Privatisierung Diebstahl? – Der Sonnenkönig Louis XVI. wird häufig mit den Worten L’état, c’est moi zitiert, die heute als Inbegriff absolutistischen Staatsverständnisses gelten. Wie, allein, müssten wir diesen Spruch korrigieren, so dass er sich auf die Demokratie bezöge? Ich höre es schon rufen: L’état, ce sommes nous! Wer, wenn nicht das gesamte Volk, solle denn den Körper des Staates in einer Demokratie bilden? Wenn aber wir der Staat sind, so ist auch alles, was staatlich ist unser, ebenso als der Öffentlichkeit gehört, was als öffentlich deklariert wird. Wir sehen schon das glühende Unrecht. Einzelne dürfen nicht verscherbeln, was allen gehört. Gewiss wird man entgegnen, es sei doch das Wesen der Demokratie, Stellvertreter zu wählen, die für das Volk seinen Willen erfüllen; man wird argumentieren, dass wir ja in keinem System der direkten Demokratie leben und dass unzählige Entscheidungen gefällt werden, ohne dass die Legitimität dieses Umstandes angezweifelt würde. Zunächst kann man das große Wort Besitz ist Diebstahl dagegen einwerfen. Gewiss ist das eine reißerische Einschätzung und wird heute in unserer »besitzenden« Welt nicht mehr toleriert. Doch aber wurde jeder Besitz einmal genommen. Solange es der Staat ist, der besitzt, gebraucht er seinen Besitz für seine Ziele, die – weil ja letztlich wir der Staat sind – die Gesundheit der Volkswirtschaft betreffen sollen. Besitz von Privaten wird hingegen für betriebswirtschaftliche Zwecke verwendet. Damit verliert das private Vermögen eigentlich seine Legitimität, zumal häufig volkswirtschaftliche Probleme mit der Privatisierung verbunden sind. Darüber hinaus gerät privater Besitz schnell zum Objekt von Spekulationen und zwar umso mehr, je wertvoller der Besitz ist. Somit wird das Gut nicht nach dem Gebrauchswert, sondern nach einer möglichen Rentabilität am Wertpapiermarkt eingeschätzt. Wenn denn nun wir der Staat sind, so wollen wir – als Kollektiv – wohl auch nur bestimmen, was uns zuträglich ist. Es ist das allein keineswegs, wenn einstmals staatlich geführte Unternehmen nunmehr vernünftiger und rentabler arbeiten. Ganz im Gegenteil: Das alles bestimmende Räderwerk von Angebot und Nachfrage instruiert die Wege. Wenn es Kürzungen gebietet, wird gekürzt. Dem Staat in weiten Teilen die Macht zu nehmen, sozial und gerecht zu sein – das ist Diebstahl.


Nieder mit den Grenzen! – Dergestalt zu rufen gerät man häufig in Versuchung, wenn man einerseits der Reize und Schönheiten fremder Kulturen und Persönlichkeiten, andererseits aber der chauvinistischen und selbstherrlichen Natur vieler Menschen gewahr wird. Man weiß sodann nicht, ob jenen mit Argwohn oder Mitleid zu begegnen sei. Sind sie es doch, die zuweilen mit Stolz, zuweilen aus Ignoranz, dem Gedanken einer Welt einen unüberwindlichen Riegel vorschieben, der selbst den Blick zu den Ausgeschlossenen verwehrt. Dann aber wird Bedauern zum Ausdruck unserer Augen und wir sehen, dass jene Getäuschten die schönsten Gedichte in den Augen der Fremden nicht zu lesen und die schönsten Gemälde in deren Worten nicht zu erkennen vermögen. Die Grenzen niederreißen? Ja sagt mir die Vernunft, die hier als Dienerin meiner Emotionen auftritt: Wo Grenzen sind, wird Ungerechtigkeit herrschen. Sie legitimieren den Besitz und entziehen ihn der gerechten Verteilung. Sie fördern Chauvinismus und Ignoranz, auch solange sie in den Seelen weiterleben. Sie behindern unser Selbstverständnis als ein Volk, das niemanden ausschließt, der dieses Verständnis für sich pflegt. Sie provozieren Zusammenschlüsse, die deren Grenzen umso deutlicher ziehen. Die Grenzen niederreißen? Nein sagt mir denn die Emotion: Geraten wir doch erst durch den steten Widerspruch und stetes Zusagen zu unserer Persönlichkeit. Liebe ich doch das Wort und bin auch unter denen, welche die Zahlen lieben. Lieben wir doch das Fremde und schätzen die Grenzen, weil sie uns ein Tor darstellen, das wir durchschreiten dürfen. Lieben wir doch die Völker hinter den Grenzen und heben zuweilen ihre Fahnen, während wir uns der unseren schämen. Wie also fort? Hin zu einer Welt, in der wir Grenzen lächelnd anerkennen!

Liebe – Liebe ist kein Verdientst, sondern eine Gnade.

Diskussion und Disputation – Das Postulat, die Demokratie funktioniere nicht, scheint mir hinlänglich belegt. Aus dem schlechterdings endlosen Schatz der Argumente will ich nun eines auswählen: Die Demokratie unserer Form unterdrückt ein gesundes Klima der Diskussion und Disputation, anstatt es zu fördern, zumal es der Herdennatur des Menschen widerspricht. Eine ideale Demokratie kann nicht funktionieren, ohne dass das Volk, das per definitionem die Regentschaft trägt, seine Meinung unentwegt überdenkt und durch gegenseitigen Austausch bereichert. Unsere »demokratischen Führer« scheinen diesen Austausch aber keineswegs forcieren zu wollen, sondern suchen vielmehr nach den geeignetsten Trichtern, die sich eignen mögen, Meinungen in die Menschen zu füllen. Gewiss gibt es Diskussion und Disputation, aber nur nach freien Gesetzen. Nur derjenige diskutiert, der es auch tun möchte. Die Regeln einer Diskussion werden selten festgelegt und noch seltener eingehalten. So geraten geplante Diskussionen zu rhetorischen Anstrengungen von wenigen Gehörten und spontane Gespräche zu unbedeutendem Geplauder einer Minderheit. Es ist für die einen gleichsam ein Kampfgespräch, das dem Eigeninteresse entwächst, für die anderen ein schöner Zeitvertreib.


Fragen zur Existenz

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Die Frage nach der Existenz irgend gearteter Stoffe wird wohl niemals vollends zu beantworten sein, zumindest wird immer ein Zweifel bestehen, ob etwas wirklich existent sein kann. Es ist bekannt, dass wir letztlich kein Mittel zur unmittelbaren Erfahrung als unsere Sinnesorgane haben und dass hierin der große Fehler bestehen kann. Wir können nicht sagen, wir sähen einen Stein und belegten seine Existenz damit, dass wir ihn berühren und auch fühlen. Es ändert sich schließlich die Methode nicht und letztlich das Mittel genauso wenig. Ich möchte mich allerdings nicht länger in der Beantwortung dieser Frage zerhacken, sondern vielmehr schließen, dass es jedenfalls relative Existenz gibt. Alles, das wir bezeichnen und zu gewahren, fühlen oder hören meinen, hat in uns – unabhängig von der Frage, ob wir selbst, zumindest stofflich, existieren – eine eigenständige Existenz, wenn wir gleich nicht urteilen können, ob ein absolutes Vorhandensein, so es besteht, dieselbe oder eine andere Form hat. Diese eine spezifische, relative Existenz besteht ja allein in dem Individuum und hat sich folglich von seiner absoluten Position gelöst.

Man gerät hierin in die Nähe einer Idee der baskischen Mythologie, welche die Existenz aller bezeichneten Dinge anerkennt. Diesem Postulat möchte auch ich folgen. Alles was einen Namen trägt und folglich bezeichnet wurde, verfügt zumindest über eine relative Existenz im Bezug zu dem Bezeichnenden. Das Attribut relativ beschreibt der Grammatik nach allein die Art der Existenz, vermag aber sein Dasein nicht zu leugnen, wenn nicht genau das sein Inhalt ist: eine negative Existenz. Ein stoffliches Dasein kann folglich allein nicht bewiesen werden.

Und überhaupt ergeben sich hieraus verschiedene neue Probleme. Bedenken wir die Zahlen. Worin besteht folglich die Existenz und weiter die Identität einer einzelnen Ziffer? Dieses Problem kann im Allgemeinen auf viererlei Art und Weise gelöst werden:

  1. Jede einzelne Zahl, die in irgendeinem Zusammenhang irgendwo vorkommt, hat eine eigene, individuelle Existenz. Folglich hätte die Eins, die diesen Absatz bezeichnet, ein eigenes Sein unabhängig von allen anderen Ziffern. Ein Problem das sich daraus ergibt, ist die Frage, ob auch die entsprechende Ziffer einer Kopie dieses Zettels dieselbe Existenz sei. Ich würde diese Frage negieren, zumal die Definition ihres Bestehens schon eine gemeinsame Identität ausschließt.

  2. Jede Ziffer erhält ihre Existenz erst durch eine genaue mathematische Herkunftsgeschichte (jede andere Herkunft verfügt gemäß dem Kausalitätsprinzip freilich auch über eine Geschichte; dieser und der erste Punkt fallen also teilweise zusammen). Die Ziffer 7 in der Zahl 2,142857… erhält ihre eigenständige Existenz allein dadurch, dass sie der Division der 15 mit der 7 entstammt.

  3. Es gibt jede Ziffer nur einmal. Demzufolge ist es dieselbe Ziffer und dieselbe Identität, ungeachtet, ob die Drei hier als Nummerierung der Absätze, als Ergebnis der Errechnung der Quadratwurzel der Neun oder als Teil der Kreiszahl besteht.

  4. Durch das Bilden einer Zahl verlieren die einzelnen Ziffern ihre Existenz und werden zu einem Bund, zu einer kollektiven Identität und Existenz.

Durch diese Gedanken ergeben sich wiederum namentlich zwei Probleme. Zunächst ist die Frage nach Anfang und Ende des Lebenszyklus einer Ziffer zu stellen. Welche Handlung bezeichnet genau die Genese einer Zahl? Entsteht sie durch einen Gedanken, aus dem sie resultiert? Bedarf sie der Niederschrift? Diese Frage kann man wohl mit dem Verweis auf Ersteres beantworten. Schwieriger ist indes das Rätsel ihres Endes. Vergeht die Existenz einer Ziffer durch einmaliges Löschen? Dass sie durch das Vergessen ende, ist schon aus dem Grunde nicht wahrscheinlich, dass das Vergessen definitiv ein relativer und häufig stufenloser Vorgang ist. Man kann daraus schließen, dass es, wenn man dieser Theorie Glauben schenkte, Augenblicke gäbe, in der die (auch relative) Existenz der Zahlen nicht klar ist. Man kann aber auch die Position vertreten, dass das Dasein einer Ziffer, die einmal bestanden hatte, nicht auslöschbar ist, wofür schon die einmalige Existenz ausreichen kann. Auf das Kausalitätsprinzip hinweisend kann man auch argumentieren, dass das Sein einer Ziffer durch einen Eingriff in die Struktur der Kausalität (der durch das einmalige Auftreten einer Ziffer gegeben ist) bereits eine unendliche Dimension und sie demnach kein »Ende« hat, zumal ein Ende einer nicht organisch strukturierten Existenz ohnehin kontrovers zu diskutieren ist. Auch organische Existenzen gehen häufig mit emotionalen bzw. rationalen einher, deren Frage nach dem jeweiligen Ende getrennt zu beurteilen ist.

Das zweite Problem liegt darin begründet, dass durch die Definition (die existiert, wenn sie bezeichnet wurde), letztlich Wahrheit geschaffen werden kann. Es ist wohl ein zu kleinlicher Gedanke, als dass er Beachtung finden könnte, aber letztlich werden in jedem Lösungsansatz zur Frage der Existenz von Ziffern Wahrheiten postuliert, die durch ihre Bezeichnung zu existieren beginnen. Dementsprechend ist jede Definition (geworden) richtig, was aber wiederum widersprüchlich ist.

Zuletzt kann ich nicht umhin, offen zu legen, dass diese Gedanken eher der Freude am Fragwürdigen als aus einer Notwendigkeit oder einer besonderen Ernsthaftigkeit entstanden sind und ich nicht beanspruche, fehlerfrei geschlossen oder jede Methode richtig angewandt zu haben.


J. M. , September 2008

Fridericus V, Burokrazija 3174